Donnerstag, 11. August 2016

Lilli

Wie etwas Persönliches schreiben, ohne aufdringlich vertraulich zu werden ?  


Heute ist ganz unerwartet meine kleine, alte Katze Lilli gestorben.  Als ich mit dem Hund zur Fahrradrunde aufbrach, hatte sie, papierdünn, schlafend auf der Bank gelegen. Zuvor noch energisch Futter eingefordert. 
Bei meiner Rückkehr lag sie noch immer dort, merkwürdig ausgestreckt, ein wenig atmend noch, jedoch auf dem Weg, für immer einzuschlafen.

  Vor knapp 10 Jahren aus Spanien zu uns gekommen, ist das schmale Tier schon lange krank, dennoch lebensfroh und anhänglich gewesen. Sehr gerne ließ sie sich des Abend unter Jacke und Pullover schnurrend wärmen. 

Sie, die bei ihrer Ankunft derart verstört gewesen ist, daß sie monatelang unter dem Bett gesessen hat und nur des nachts herauskam, hat in den letzten Jahren die Nähe ihrer Menschen genossen.


Und wie merkwürdig, schon heute morgen hatte ich das Gefühl von Verlust und Reduktion, obwohl es keine Anzeichen gab, die kleine Katze würde heute gehen.

Und ihr Tod schreibt mir ganz leise einen Seelenbrief.

 Das Ende meiner Familienzeit ist in meinem Gefühl angekommen.

Und das fühlt sich an wie diese Stoffe, die je nach Blickwinkel die Farbe verändern.
  Meist sind es Futterstoffe, die in alten Jacken und Mänteln zu finden sind, schöner und interessanter als die Kleidungsstücke selbst. 

So ähnlich erscheint mir diese Zeit.  Ich weiss nie, welche Farbe meinen Tag bestimmen wird.

 Hier die Ruhe und die Möglichkeit, endlich an vergrabene Pläne zu gehen und möglicherweise Schätze zu heben. Die ungestörte Zweisamkeit, die mir nach diesen vielen Jahren als großes Geschenk wieder über den Weg gelaufen ist.  Wie sehr habe ich mich in den turbulenten Zeiten nach ruhigen Momenten gesehnt. Es ist spannend, zu erfahren, ob es sich bei meinen verschütteten Ideen um Scheinriesen, oder um die Spitzen von Eisbergen handelt.

 Und mir ist klar, welches Glück ich habe, all dieses überhaupt erleben zu können.


 Aus anderem Blickwinkel, fühlt sich das Haus leer an, so nur von zwei Menschen bewohnt. Und doch möchte ich die Leere nicht vorschnell mit irgendetwas füllen, es sei denn mit Weltsicht.


...... kennt jemand Wenzel noch nicht. Dann einfach mal reinhören. Mir war heute sehr nach seiner Musik.
  So, genug nachdenkliches und melancholisches. Ich werde mein Kätzchen jetzt begraben. Mein Kätzchen, das es hier gut hatte und das von allen sehr gemocht wurde. 


 Auf Wiedersehen, kleine spanische Dame.

5 Kommentare:

  1. Ach liebe Gitta, was hast Du das schön geschrieben. Ich drücke Dich, ganz persönlich, aus der Ferne.
    Der Vergleich mit den Futterstoffen ist wunderbar. Unsere Tage sind unsere Tage und wir können durch unseren Standpunkt und unsere Sichtweise Einfluß nehmen. So viel zum Schicksal...
    Du wirst noch viele Schätze heben.
    Hab einen schönen traurigen Abschiedstag mit zauberhaft lillihaften Erinnerungen.
    lieben Lisagruß!

    AntwortenLöschen
  2. Wie schön, dass die kleine Katze bei dir leben durfte und nun weiß, dass es Liebe und Wärme und Zuneigung gibt.
    Herzliche Grüße
    Regina

    AntwortenLöschen
  3. Überhaupt nicht aufdringlich persönlich sondern einfühlsam und offen, eigene Gefühle zu benennen. Wohl dem, der das vermag!
    Nimm ruhig Abschied von dem Lebewesen und schau dann nach vorn!
    LG
    Petra

    AntwortenLöschen
  4. Ich schrieb heute bereits schon einmal diesen Gedanken, in jedem Abschied (oder Ende) steckt ein Neuanfang. Wie ich dich hier kennen lernen durfte, wird ein neues Stück Leben oder gelebtes Leben diese Lücke ausfüllen. Ich weiß, das ist kein Trost.

    egbert

    AntwortenLöschen
  5. Manchmal ist der Abschied der schlimmste Moment im Leben. Doch der Gedanke an ein Wiedersehen, wann immer dieser sein soll, zaubert uns ein Lächeln auf die Lippen und in unsere Gedanken.
    Sei gedrückt von mir und Blacky Fuchsberger. Eines Tage wird Lilli am Ende des Regenbogens auf Dich warten, denn dort werden sich Eure Wege wieder kreuzen.
    Sandra

    AntwortenLöschen