Auch ich hab mich ja in den letzten Wochen etwas rar gemacht. Und richtig, da ist was.
Ich bin runter...
Nein, nicht wegen der Tochter, und dem Hund gehts auch gut.
Aber von Anfang an.
Seit Mai, als ich nach einem großen Mittelmeerdrama beschloss, etwas für die Flüchtlingshilfe zu tun, betreue ich einen jungen Syrer und seine Familie.
Sein verpfuschtes Bein, durch einen Bombensplitter zerfetzt und in Syrien in irgendeinem Keller notdürftig zusammengeflickt, hat ihn fast das Leben gekostet. Also beschloss die Familie, das zerstörte Land zu verlassen, um eine bessere medizinische Versorgung für den jungen Mann zu erreichen und auch, um der kleinen Tochter eine Zukunft zu ermöglichen.
Zwar wurde hier die medizinische Versorgung bewilligt, aber da die Familie zuerst in einem sicheren Drittland registriert wurde, ist dem Asylantrag in Deutschland nicht entsprochen worden und lediglich eine Duldung zwecks Behandlung gewährt.
Dublin-Abkommen heisst das.
So weit, so schlecht. An dieser Stelle bin ich zwecks Deutsch- Erstunterrichtes in die Familie geschickt worden. Das hab ich dann auch brav gemacht. Obwohl ich keine Lehrerin bin und keinerlei didaktische Deutschunterrichtskenntnisse habe, haben die Familie und ich uns tapfer durchgewurschtelt.
Die Termine wurden immer länger, die Gespräche mit Hilfe eines Smartphones mit ÜbersetzungAPP ( wieso haben "DIE" eigentlich ein Smartphone?) immer umfassender.
Und schnell wurde klar: hier brauchts nicht in erster Linie Deutschuntericht, sondern jemanden, der sich medizinisch auskennt und in der Lage ist, die komplexe Behandlung des jungen Mannes zu organisieren.
Jemand, der sich im Gesundheitssystem auskennt und hier am Ort über ein paar Kontakte verfügt.
Und schon hatte ich die richtige, die wirkliche Aufgabe gefunden.
Seitdem telefoniere und organisiere ich für die Familie, wo es nötig ist. Den Deutschunterricht haben ein Selbstlernbuch samt ÜbungsCD und das Leben übernommen.
Und ich erlebe bei fast allen Gelegenheiten eine große Hilfsbereitschaft... !!!!
Immer aber bleibt die Frage, ob die Familie nach Spanien zurück muss.
Ich kann jetzt ein bisschen Arabisch, habe schon einige Dinge über die syrische Kultur gelernt und vor allem habe ich syrisches Essen kennengelernt.
Von mal zu Mal wird der Kontakt wärmer, netter, angstfreier....
Es gibt kleine Meilensteine der Verständigung: der erste, unsichere Telefonanruf des jungen Mannes bei mir zu Hause oder die Mutter der Familie, die das Strickzeug aus meinem Korb nimmt, mich kurz fragend anschaut und dann einfach ein Stückchen weiterstrickt.
In der letzten Woche hat die Bundesregierung die Abschiebung von syrischen Flüchtlingen in Drittländer nach Dublin-Abkommen ausgesetzt.
Das heisst: wahrscheinlich kann die Familie bleiben.
Wahrscheinlich werden sie 3 Jahre Aufenthaltsrecht bekommen und können ein bisschen Zukunft planen.
Es ist noch nicht sicher... aber wahrscheinlich.
Heute gab es bei uns syrisches Essen. In der letzten Woche war ich im türkischen Laden und habe dafür eingekauft. Der Besitzer hat mir bereitwillig alles erklärt und fragte dann, warum mich das interessiert.
"Weil ich syrische Freunde habe", habe ich mich sagen gehört und wusste im gleichen Moment, daß das genau richtig ist...
Morgen fahre ich zur Familie und erzähle ihnen vom ausgesetzen Dublin-Abkommen. Mit dem Smartphone. Es wird mir eine Ehre sein.
Ja, ich bin runter: Vom hohen Ross!!!
Wer helfen möchte: hier gibt es eine tolle Bloggerinitiative.
Jeder kann etwas tun !!!
Ja Miesi, das kommt mir alles sehr bekannt vor, es ist ein Elend ! Wir haben auch seit letztem Jahr hier eine Initiative: http://info.arte.tv/de/fluechtlinge-willkommen-0; Am FrauenKaffe habe ich mit einer syrischen Jugendlichen gesponnen und am Freitag mit einer afganischen Frau gestrickt. Wenn jeder was tut dann ist es gut: Keiner verläßt freiwillig sein zu Hause. Schön dass viele Menschen so wie du was tun. LG Anke
AntwortenLöschenDas ist schön! Dir viel Glück und viel Kraft für die Aufgabe! Andreas
AntwortenLöschenMachen. Find ich gut.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Bravo - wir werden immer mehr und das macht mir Mut. WIr haben in unserem Gottesdienst in Güstrow seit einem Jahr eine bunte Schar von Menschen und es macht total Freude, zusammen zu feiern, zu lachen, das leckere iranische Essen genießen, Mensch zu Mensch, Freund zu Freund auch mit sprachlichen Grenzen, Aber das ist nicht das Wichtigste.
AntwortenLöschenHerzliche Grüße
Hanne
Bravo - wir werden immer mehr und das macht mir Mut. WIr haben in unserem Gottesdienst in Güstrow seit einem Jahr eine bunte Schar von Menschen und es macht total Freude, zusammen zu feiern, zu lachen, das leckere iranische Essen genießen, Mensch zu Mensch, Freund zu Freund auch mit sprachlichen Grenzen, Aber das ist nicht das Wichtigste.
AntwortenLöschenHerzliche Grüße
Hanne
Fantastischer Post - Weiter so.
AntwortenLöschenKein Mensch ist illegal!
Gut so
AntwortenLöschenund vielleicht bringt das mal einige von den "meinHundhatneueLockenundichdassuperleckereSommerrezeptisteuchauchsoheiß"-blogs zu Verstand, Zeit und Geld anderweitig zu investieren.
Wünsche viel Erfolg beim weiteren Verlauf, freu mich wieder Ähnliches zu lesen!
LG aus dem Süden,
Anastasia
ein bericht der großen mut macht!!
AntwortenLöschendanke, miesi!!
Großartig! Bin gerade in einer ähnlichen Situation... Mit einer sehr lieben Familie aus Aleppo. Meine Frage : WO kann man sich Lernmaterial "Deutsch für syrische Lernanfänger " besorgen? Gibt es einen Link? Einen Tipp? 1000dank sabine
AntwortenLöschenGroßartig! Bin gerade in einer ähnlichen Situation... Mit einer sehr lieben Familie aus Aleppo. Meine Frage : WO kann man sich Lernmaterial "Deutsch für syrische Lernanfänger " besorgen? Gibt es einen Link? Einen Tipp? 1000dank sabine
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