Donnerstag, 5. Oktober 2023

Danke, altes Haus


Nun sind es schon 6 Monate, daß ich meinen Spind im Krankenhaus geräumt, einen Abschiedsgruß auf dem Tisch des Aufenthaltsraumes hinterlassen und nach dem letzten Nachtdienst nach Hause gefahren bin. Echte Rente jetzt !

 So unwirklich der Abschied, anfangs wollte ich einfach weitermachen, als Extrawache einspringen, gar nicht aufhören...


Ja, ich hatte auch eine echte Trauerreaktion, mit Heulen und betrübt sein, aber das ist nun ausgestanden...und im Moment besinne ich mich darauf, wie ich eigentlich war, bevor ich in der Pflege als Schwester herumgetobt bin.

 Und das ist schon ein bisschen spannend. Ich grabe sozusagen in meiner Berufs- und sonstigen Biografie nach Anteilen, die mich auch, außer dem helfenden Aspekt, ausmachen.


Denn eigentlich hatte ich nur so für ein oder zwei Jahre in meinem kleinen Krankenhaus am Rande der Stadt arbeiten wollen. Zeitweise habe ich dort auch pausiert, zum fruchtlosen Studium, war ein paar Jahre Hausfrau, als meine Kinder klein waren, bin in Lücken gesprungen, aber insgesamt sind dann 46 Jahre daraus geworden.


Während der letzten über 20 Jahre habe ich in einem so netten Team gearbeitet und es verbindet mich mit einigen Kolleginnen nicht nur die Arbeit, sondern auch das Private. Überdies habe ich vor über 30 Jahren meinem Mann in eben diesem Krankenhaus kennengelernt und unsere Tochter arbeitet immer noch in den heiligen Hallen.

Ich war und bin mit dem Haus auf vielen Ebenen verbunden. Es war ein großes Stück Zuhause, eine verlässliche Konstante in meinem teilweise chaotischen Leben.

 Die Erlebnisse, die mit meiner Arbeit dort verbunden sind, schriebe ich sie auf, würden Bücher füllen.

 Geschichten, die eng und intensiv mit dem Wesentlichen der menschlichen Existenz, mit Leben und Tod verbunden sind, ein unglaublich großer Schatz an Lebenserfahrungen.

 Dafür bin ich sehr dankbar. Dafür, schon seit meinen jungen Jahren Abgründe, Lebensende, Trauer, Hilflosigkeit gesehen zu haben. Lange vor meiner Zeit durfte ich Menschen in ihrer größten Not begleiten und habe dabei den Wert und das Glück des Lebens erkannt. Sind große Worte, aber so habe ich das erlebt

 Ja, es war auch eine schwere Arbeit, aber ich hätte sie wohl kaum so lange gemacht, wenn ich nicht daraus viel, viel Sinn und Zufriedenheit hätte gewinnen können.

Leider hat sich unsere Stationsgruppe im letzten halben Jahr fast gänzlich aufgelöst, es gibt jede Menge Umstrukturierungen, auf lange Sicht soll der gesamte Standort aus der jetzigen Nutzung verschwinden. Tja. 


Das macht mir den Abschied zwar leichter, ist aber ein großer Verlust für die Patienten, denn wir waren als Team wirklich, wirklich gut.

 Und es erlaubt mir, die Zeit in diesem Krankenhaus gnadenlos zu idealisieren.

Hier zu Hause grabe ich in den, über die Jahre aufgehäuften Materialien. Und die gibt es hier reichlich.

Vor ein paar Tagen entdeckte ich drei !!! Bananenkartons voller gesammelter Cordhosen, aus denen ich vor etlichen Jahren mal eine Tagesdecke zum 50. Geburtstag eines Freundes nähen wollte. Der Mann ist mittlerweile über 70, ne Tagesdecke hat er nie bekommen.... Aber mir fällt schon noch was Anderes für die Cordhosen ein, erstmal habe ich sie gewaschen und malerisch auf die Leine gehängt. 

Und was werde ich nun aus der kommenden Zeit machen ?

Ich bin ja schon längst dabei, neue Dinge auszuprobieren. Das Nähen möchte ich  richtig lernen, noch mehr aus dem Garten machen. Nochmal das Färben von Wolle mit Pflanzenfarben angehen.Es ist von allem genug da.

Liebste Menschen, liebste Tiere, viel Platz, Zeit, Ideen, Motivation.

Wir werden sehen. Es bleibt spannend.

Zum Schluss noch ein wiedergefundenes Stück Musik aus der Zeit der absichtslosen Anfänge :

Manfred Maurenbrecher, von dem ich einige Songs mal sehr mochte...


2 Kommentare:

  1. "Alle Dinge verändern sich,
    es gibt nichts in der ganzen Welt, das Bestand hat."
    (Ovid)

    Gutes ZURÜCKBLICKEN
    mit LEBEN im HIER und JETZT
    und liebevoller ZUKUNFTsgestaltung... 🍀👍

    DANKE für den herrlichen Blog-Beitrag 🙏

    Herzlichsten Freitags - WE - Gruß von Annette 🌻🍂 👩‍❤️‍👩

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  2. Vor Menschen, die in Gesundheitsberufen, im pädagogischen und im sozialen Bereich arbeiten, habe ich größten Respekt. Viele sind zurückgekehrt in den letzten Jahren, weil soviel Not an Mitarbeiter*innen war. Sehr bedauerlich, wenn Umstrukturierungen gute Teams auseinandersprengen.
    Ich wünsche frohes Schaffen im Kreativen! Und viel Freude und Zeit mit und in der Natur!
    Liebe Grüße aus Österreich

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