Mittwoch, 28. April 2021

5 Tage Stolz


 So langsam dämmert es mir. Rente tatsächlich. Überwiegend treibt mich freudige Erwartung um, aber auch, komischerweise, so etwas wie Erschöpfung. Ob das nun am Rentenbeginn liegt, weiß ich nicht, kann auch Corona-Müdigkeit sein, oder Frühjahrsmüdigkeit. 

Gestern bekam ich die Rückmeldung eines Bekannten auf den Tipp, eine Sprechstunde in meinem, kleinen Krankenhaus am Rande der Stadt aufzusuchen. Er war begeistert, ja auch von der Behandlung, aber in erster Linie von dem unkomplizierten Tonfall und den flachen Hierarchien in unserer Anstalt. Und an dieser Stelle überfiel mich ein großer Stolz, Teil dieses Hauses zu sein. 

 dieses Foto braucht eine Erklärung. Es ist der Zugschalter einer automatischen Tür, zehntausende Male ist er an der Wand entlanggeschrammt und hat damit tiefe Zeitspuren hinterlassen. 46 Jahre...

Während der vielen Berufsjahre war ich kurzfristig in einem anderen Krankenhaus tätig. Das ist lange her. Dort gab es ein Ärztekasino, und dort durften nur die ÄrztInnen zu Mittag essen.( die Pflegekräfte hatten eine gekachelte Essecke im Keller). Als mich ein junger Assistent mal mitgenommen hatte, um in der heiligen Arzthalle zu speisen, fragte meine ältere Kollegin, was mir wohl einfiele. 

Das stünde mir nicht an, dort wären nur die höheren Stände. Es gab dort getrennte Handtücher für die Ärzte und die Schwestern ( die Ärzte hatten flauschigere), und ich habe das Etablissement nach einem halben Jahr verlassen und bin zurückgegangen in meine Kumpelbude. 

Hier wird sich fast durchweg gedutzt, die ÄrztInnen kochen ihren Kaffee selber, oder sie kriegen eben keinen und wer versucht, andere Sitten einzuführen, der läuft ganz schnell auf, mit seinem Herrschaftsgetue.

 Ein illusteres Völkchen hatte sich schon immer hier versammelt, individuelle, teils skurile Persönlichkeiten unter dem Pflege-und ärztlichen Personal sorgten für kreative und sehr menschliche Umgehensweise mit den Patienten. Unser Einzugsgebiet sind teilweise ärmere Stadtteile, die Patienten die wir versorgen, sind oft einfache Leute. Und wir haben das gut gemacht. Bis heute !

Und wenn dann Dr. M. in kurzen Jeansshorts und mit Rollerblades übers Gelände, ( das weitläufige), von der chirurgischen Ambulanz zu den Stationen sauste, das blonde,  lange Haar flatternd im Nachtwind. Da konnte dann Dr. McDreamy von Greys Anatomy einpacken. Schee wars. 

Auf dem Acker heute Salat ausgepflanzt und mich über das explodierende Grün gefreut. Schee ists ! 


5 Kommentare:

  1. Hallo Gitta,
    es hat mich so gefreut deinen Werdegang zur Rente zu begleiten. Als Kollegin kann ich dir sehr nachempfinden! Ich arbeite in einem Haus, wo die Hirachie langsam wieder eingeführt wird. Die jungen Schwester sagen leider nicht oft genug stop! Sehr schade! Ich wünsche dir einen schönen Tag im Garten!
    Lieben Gruß
    Geli

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  2. Welttag für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz 2021
    28. April 2021 in der Welt

    ... da ist auch das mit - und zwischenmenschliche gefragt !!!
    Wohlfühlen am Arbeitsplatz und das Gernearbeiten im Kollegenteam ist doch mehr als selten ... und SCHÖN, dass DU DICH wohl gefühlt hast ... lb GITTA ♥

    Herzlichen Mittwochs-Gruß von ♥ Annette

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  3. wie schön ist das denn- eine solche klinik müsste man unter schutz stellen! nur wer sich selbst wohlfühlt kann auch für andere sorgen und ist offen für deren einmaligkeit. flache hierachien sind nur etwas für selbstbewusste menschen, andere brauchen jemand unter sich. hab es gut, gruß roswitha

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  4. .....wenn ich das so lese, frage ich wie es mir mal gehen wird....
    herzlichst
    annette

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  5. Beneidenswert, dass du auf so einen Arbeitsplatz, so eine Zeit zurückschauen kannst! Das gelingt mir nur in Bezug auf die Anfangszeit meiner ersten Schule, die ich mit aufgebaut habe. Ich denke auch, kollegial-freundliches Umgehen bestimmt auch den Ton gegenüber den Patienten.
    GLG
    Astrid
    P.S. Das Geburtstagskind kenne ich wohl quasi... Meine Glückwünsche!

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